(Ohne Anspruch auf Vollständigkeit oder Unfehlbarkeit)
Meine rezenten Erfahrungen mit den wissbegierigen Opfern des deutschen Verbildungssystemes
lassen es angeraten erscheinen, das Thema Bronze etwas näher zu beleuchten.
Als ich vor einiger Zeit auf meine gelbrötlich glänzende Auslage weisend die Frage stellte, was sie denn da vor sich hätten, erhielt ich nicht selten von Jugendlichen die Antwort: „Metall!“ Nicht etwa Bronze, Messing oder gar Gold; nein, Metall. (Gold war die zweithäufigste Antwort.) Prinzipiell nicht falsch aber dennoch ungenügend!
Selbst Journalisten und anderen Presse-Zwergen fällt häufig zum Thema Bronzeguss nur ein, dass es sich dabei wohl um ein altes Handwerk handeln müsse. Und so etwas muss man von Schreiberlingen lesen, die sich selbst mit dem Nimbus des Wissens um die Kunst umgeben…
Lange bevor ich mich selbst mit dem Guss von Nichteisenmetallen beschäftigte, wusste ich was Bronze ist. Keine Ahnung, woher, ob in Chemie, Physik oder Geschichte, aber irgendwie haben es die Lehrkörper geschafft, mir ein Mindestmaß an Allgemeinbildung einzuhauchen. Scheinbar ein Phänomen, welches heutige Lehrpläne weniger beinhalten. Nun wird lieber isoliertes Spezialwissen mit der Halbwertszeit der Beschäftigungsdauer eines Zeitarbeiters gelehrt.
Doch was soll’s, es wird sich wohl nicht ändern, es sei denn, man tut es selbst! Und deshalb gleich in medias res.
Bronze ist eine Legierung, d.h. eine temperaturerzeugte Stoffverbindung aus mindestens zwei metallischen Elementen, deren Hauptanteil immer Kupfer (größer 60%) ist. Dieses wäre die breiteste Definition; im engeren Sinne versteht man ausschließlich Zinnbronzen als Bronze. Davon zu unterscheiden wären die Bleibronzen, Messinge und Rotguss, um nur die Bekanntesten zu nennen.
Farblich sind diese, vom Messing einmal abgesehen, kaum zu unterscheiden, zumal sich der Farbton über den Kupferanteil einstellt und dieser ist bekanntlich variabel.
Bei Kupfer sehen wir rot, besonders wenn Buntmetalldiebe wieder zugeschlagen und Heizungsrohre, Fittings, Fallrohre und Dachrinnen aus ihrer frisch montierten Bestimmung entfernten haben.
Was dem baumarktgeschädigten Heimwerker unter die Finger kommt, ist eigentlich ausschließlich Messing, in der Form von Fußbodenleisten, Rohren und sonstigen Kleinprofilen. Ebenfalls Haken, Henkel und Zierknöpfe aus Messing, die als Verschönerung angelegten Accessoires, zieren die Bäder und Wohnzimmer. In der Antike schätzte man Messing bereits als Aurichalcum „das Goldähnliche“.
Bleibronzen finden sich aufgrund ihrer Trockenlaufeigenschaft als Lagerschalen von Wellen wieder; d.h. Blei schmiert und verhindert einige Zeit auch ohne Fett etc. ein „Festfressen“ der Welle. Es zeigt gute Gusseigenschaften, neigt beim Gießen aber zum Entmischen.
Rotguss beinhaltet außer Kupfer noch Blei, Zinn und Zink und meist Spuren anderer Metalle wie z.B. Nickel. Es findet sich außer in der Kunst auch in Armaturen wieder und wird geschätzt aufgrund seines elektrochemisch neutralen Verhaltens.
Zinnbronzen schlussendlich mit einem Zinnanteil von ca. 9- 13% finden in der Kunst Anwendung; mit ca. 20% beim Glockenguss und mit ebenfalls 9% Zinn wurden Kanonenrohre gegossen.
Zum Gießen taugen diese Kupferlegierungen alle, erfordern allerdings zum Teil spezielle Vorgehensweisen, ohne deren Kenntnis die Rate an Fehlgüssen recht hoch ist. Die Eigenschaften nach dem Guss sind entsprechend den einzelnen Legierungsbestandteilen und ihren Anteilen ebenfalls sehr unterschiedlich. So differieren sie z.B. bezüglich ihrer Kaltverformbarkeit, Zerspanungsfreude und Schweißbarkeit. Letztere ist in der Kunst von Interesse, um größere Plastiken zu montieren.
Bevor man historisch zur Bronze kommt, stolpert man unweigerlich über das Kupfer, welches bereits in der Jungsteinzeit, also seit ungefähr dem 5. Jahrtausend v. Chr., verarbeitet wurde. Deshalb wird dieser Abschnitt präzisierend in einigen Teilen Europas auch als Kupfersteinzeit bezeichnet. Die frühesten Funde in Europa stammen vom Balkan. Namens gebend wurde es als lat. Cyprum für Zypern, wo man es bereits in der Antike ab- oder besser raubbaute und die Insel abholzte.
Wie man endlich im 3. Jahrtausend v. Chr. auf den Trichter kam, dem Kupfer andere Metalle zuzuschlagen und somit zu legieren, ist nicht bekannt. Sicher dürfte aber sein, dass sich die Lebensdauer der Gießer rapide verkürzte, da es sich bei den ersten nachgewiesenen Legierungen um Arsenbronzen handelte. Da Arsen häufig mit dem Kupfererz vergesellschaftet ist, könnte es sich anfangs auch um einen eher zufälligen Effekt gehandelt haben. Dies ist auch von einer Mine in der heutigen Türkei bekannt, in der Kupfer und Zinn zusammen gefunden werden. Schmelzversuche der Erze ergaben eine respektable Legierung. Das ist jedoch eher die Ausnahme. Wie auch immer – bald darauf kombinierte man Kupfer mit Zinn willentlich und seit dem begleitet sie uns – die Bronze.
Doch nicht die Kunst beflügelte den frühen Ackerbauern und Viehzüchter, nein der Totschlag war´s! Und so fertigte er Schwerter, Äxte und Dolche aus dem neuen Material. Dies tat er solange, bis Eisen im 8. Jahrhundert v. Chr. der Bronze in Mitteleuropa als Material für Waffen den Rang ablief. Interessanterweise waren die ersten Waffen aus Eisen weniger hart, als die aus Bronze. Doch offensichtlich gelang es schon bald, das Renneisen zu Stahl aufzukohlen. Damit stand dem Siegeszug über die Bronze nichts mehr im Wege.
In die Nischenexistenz für Kunst und Schmuck gedrängt, gelangte sie aber genau dort zu großer Blüte. Die griechische Antike, die keltische Latene´ sowie die Römischen Kaiserzeit und selbst Nomaden wie die Skythen sind die Kronzeugen eines künstlerischen Niveaus, das selbst bis heute zum Teil unerreicht bleibt.
In der Antike kannte man mehrere Bronzegussverfahren, die im Wesentlichen auch heute noch so praktiziert werden. Dabei unterscheidet man das Gießen in Dauerformen und Gießen in sogenannte Verlorene Formen. Dauerformen bestehen zumeist aus zweiteiligen Metall-, Ton- oder Steinformen und sind mehrfach verwendbar. Gießen in verlorene Form unterscheidet den Guss im Wachsausschmelzverfahren und den sogenannten „Sandguss“, obwohl dort alles gegossen wird, nur bestimmt kein Sand!
Vereinfacht gesagt, wird beim Wachsausschmelzverfahren ein Positiv des zu gießenden Objektes aus Wachs erstellt, eingebracht in die Einbettmasse, ausgebrannt und in den entstandenen Hohlraum (Negativ des Objektes) wird die flüssige Bronze eingegossen.
Beim Sandgussverfahren wiederum wird ein druckbeständiges Modell des zu gießenden Objektes in einem zumeist zweiteiligen Gussrahmen mittels Formsand abgeformt (gestampft). Das Modell wird entnommen und in den entstandenen Hohlraum die Bronze eingegossen. Bei der Entnahme der erkalteten Bronze wird die Sandform unweigerlich zerstört.
Zum Pleinair des Kunstvereins “Laterne“ bei Sieglinde und Axel Wunsch in Rübenau vor einiger Zeit habe ich das Thema Bronzeguss praktisch vorgeführt. Jeder Willige konnte eine Plakette modellieren, die dann abgeformt und in seinem Beisein gegossen wurde.
Im Einzelnen umfasste die Herstellung der bronzenen Plakette die nachfolgend aufgeführten Schritte bis zum fertigen Objekt:
Als erstes musste das Modell als Positiv gefertigt werden, wobei darauf geachtet wurde, Hinterschneidungen zu vermeiden, da es sonst zu ungewollten Ausbrüchen des Formsandes beim Entnehmen des Modells kommt. Anschließend wurde es im „Sandkasten“ abgeformt, entnommen, Gusstrichter etc. ausgeschnitten und der Kasten wieder zusammengebaut.
Nun konnte der Guss in Angriff genommen werden. Dazu benötigt man eine hitzebeständige Esse, ein ausdauerndes Gebläse, Brennstoff, Tiegel, Zange und Gussmaterial. Ist einmal kein Strom für das Gebläse vorhanden, so kann man sich wie in früheren Zeiten eines Doppelblasebalges bedienen, welches die ganze Sache allerdings zu einer ausgewachsenen Schinderei werden lässt.
Um eine Bronze selbst zu legieren, würde ich normalerweise zuerst Kupfer schmelzen und dann Zinn zulegieren. Dazu müsste man zuerst die erforderlichen ca. 1100 °C erreichen, legieren und überhitzen. Um den Energie- und Zeitaufwand zu senken, habe ich mich einer fertigen Bronze bedient und diese aufgeschmolzen. Beim Guss selbst achte ich auf die Zurückhaltung von Schlacke und allem, was obenauf schwimmt. Dies setzt einiges an Koordination voraus, da der Guss selbst, besonders bei geringen Mengen, äußerst zügig vonstatten gehen muss.
Nach dem Erkalten kann der Gussrohling entnommen und weiterbearbeitet werden d.h. Gusstrichter, Grate und ausgelaufene Entlüftungen entfernen, polieren und ggf. patinieren.
Betrachtet man den kompletten Werdegang beim „Sandguss“, so erscheint auch er komplex; zerlegt in einzelne Abschnitte, vereinfacht er sich und wird fassbar. Es würde nur ungefähr eine Woche dauern, einem Laien die Grundbegriffe des Gießens und erste, praktische Erfahrungen beizubringen.
In diesem Sinne: „Lass laufen!“
Oder etwas ausführlicher:
Eine Bronze die nicht läuft,
ein Gießer der nicht säuft,
ein Mädel, dass nicht stille hält,
das gibt es nicht auf dieser Welt!
© artaes, Markus Gruner