Überlegungen zur Verwendung eines bleiernen „Treibhammers“ aus dem Archäologiepark Römische Villa Borg
– Eine experimentelle Untersuchung zu Handhabung und Zweck
Anlässlich der 1. Internationalen Reenactmentmesse (IRM 011) auf dem Gelände des Archäologieparks Römische Villa Borg bot die Leiterin des Projekts Dr. Bettina Birkenhagen interessierten Ausstellern eine Führung durch die Dauerausstellung in den Räumen der Villa Borg an. Dabei verwies sie auf einige interessante Funde.
Besondere Aufmerksamkeit erregte ein bleiernes Fundobjekt mit dem Erscheinungsbild eines Axtkopfes. Aussehen und Material standen in einem scheinbaren Widerspruch, denn eine Axtklinge aus Blei ist zum spanabhebenden Bearbeiten von Holz ungeeignet. So wurde schon bald eine Verwendung als Votivgabe an die Götter apostrophiert. Dem widersprechen jedoch die Größe, sowie die deutlichen Nutzungsspuren an der „Axtklinge“ und dem Hammerkopf.
Das alljährlich stattfindende Römerfest im August 2011 in der Villa Borg bot Gelegenheit zu untersuchen, inwieweit das rekonstruierte Werkzeug zum Heraustreiben von Pressblechen geeignet ist. Dazu nagelte ich ein vorbereitetes Messingblech in einer Stärke von 0,3 mm über einer bronzenen Patrize auf einen Holzblock, die die Knaben Remus und Romulus unter der Wölfin zeigt. Dabei handelt es sich um ein häufiges Motiv von Pressblechen der römischen Kaiserzeit und ist z. B. aus Augst oder Windisch als Gürtelbeschlag bekannt.
Daraufhin wurde die gesamte Oberfläche des aufgezogenen Bleches mit der „Schneide“ der Bleiaxt abgehämmert. In dieser Handhabung verbindet sie die Funktion von Treibhammer und Bleiband, wofür man normalerweise beide Hände benötigen würde. Die Konturen der Patrize begannen sich im Blech abzuzeichnen.
Um nun die Konturen stärker herauszuarbeiten, wird die Handhabung dahingehend verändert, dass die „Schneide“ direkt auf das Blech aufgesetzt wird und mit einem Hammer auf den Hammerkopf der Bleiaxt geschlagen wird. Hier nun gleicht der Gebrauch mittelalterlichem, bergmännischem Gezähe. Dabei wird ein gestielter Meißel („Eisen“) mit dem Hammer („Schlegel“) geschlagen, um das Erz aus dem Berg zu lösen. Dies schont den Arm, da sich so die Schläge nicht direkt auf die Führungshand übertragen. An dieser Stelle legte die Chefin nun selbst mit Hand an.
Bald schon zeigten sich die auch am Original festzustellenden Verformungen und Abnutzungsspuren; die „Schneide“ pilzte auf und auch der Hammerkopf zeigte Spuren. An dieser Stelle wurde die Arbeit beendet, da das was mit dem Werkzeug erreichbar war, erreicht wurde. Es entspricht damit dem, was mit Kugelhammer und Bleiband auf übliche Art hätte geschafft werden können. Nun würde normalerweise das Blech mit Punzen weiterbearbeitet werden d.h. Konturen schärfen, Hintergrund und Rand glätten, zuschneiden und polieren etc.
Darauf wurde jedoch verzichtet und die Nachbildung wird zusammen mit dem Original und dem Halbfabrikat in der Dauerausstellung gezeigt.
© artaes, Markus Gruner